Amerikanische Weltmachtfantasien im Spiegel der Zitate von US-Präsidenten und Politikern. Sie lassen erkennen, welches Selbstverständnis das US-Imperium von sich hat.
1900 – US-Außenminister John W. Foster
„Welche Meinungsverschiedenheiten hinsichtlich der Politik der territorialen Expansion auch bestehen mögen, alle Amerikaner stimmen darin überein, dass eine kommerzielle Expansion wünschenswert ist. Sie ist notwendig, um neue und größere Märkte für unsere Produkte zu finden. Ohne sie können wir nicht unsere industrielle Prosperität aufrechterhalten.“
1907 – Präsident Woodrow Wilson
„Da der Handel sich über die nationalen Grenzen hinwegsetzt und der Unternehmer die Welt als seinen Markt beansprucht, muss die Flagge seiner Nation ihm folgen und die verschlossenen Türen der Nationen müssen aufgesprengt werden … Die von den Finanziers erworbenen Konzessionen müssen von den Staatsministern garantiert werden, selbst wenn die Souveränität widerspenstiger Nationen dabei verletzt würde.“
1991 – US-Präsident George Bush Senior
nutzte den US-Krieg gegen Irak zur Proklamation seiner „Neuen Weltordnung“ in einer Reihe von öffentlichen Reden. Und das klang z.B. so:
„Wenn wir (im Krieg gegen Irak) nicht unsere Entschlossenheit demonstrieren würden, wäre es ein schlimmes Signal an jeden tatsächlichen und potenziellen Despoten rund um die Welt. Amerika und die Welt müssen ihre vitalen gemeinsamen Interessen verteidigen, — und wir werden das. … Amerika und die Welt müssen sich gegen Aggression wehren, — und wir werden das. Und noch eins: bei der Durchsetzung dieser Ziele wird Amerika sich nicht einschüchtern lassen… Im Angesicht der Tyrannei, soll keiner an der amerikanischen Glaubwürdigkeit und Zuverlässigkeit zweifeln und keiner soll daran zweifeln, es gibt keine Alternative für die amerikanische Führungsrolle.“
Er wähnte sich ethisch-moralisch anscheinend auf der richtigen Seite, denn er verschwieg nicht einmal den wahrscheinlich wichtigsten Grund für den damaligen Krieg gegen Irak:
„auch lebenswichtige wirtschaftliche Interessen [stehen] auf dem Spiel, … denn der Irak verfügt über rund 10 Prozent der weltweit nachgewiesenen Ölreserven.“
12.05.1996 – US-Außenministerin Madeleine Albright
In dem investigativen Nachrichtenmagazin „60 Minuten“ vom US-Fernsehsender CBS am 12. Mai 1996 fragte Lesley Stahl die US-Außenministerin Madeleine Albright:
„Wir haben gehört, dass eine halbe Million Kinder gestorben sind (wegen der Sanktionen gegen den Irak). Ich meine, das sind mehr Kinder als in Hiroshima umkamen. Und – sagen Sie, ist es den Preis wert?“
Worauf Madeleine Albright antwortete:
„Ich glaube, das ist eine sehr schwere Entscheidung, aber der Preis – wir glauben, es ist den Preis wert.“
Renate Künast postete am 23.03.2022 anlässlich des Todes der zynischen Frau folgendes auf X:
„Eine große Frau und große Aussenministerin. Ein Vorbild – auf ihrer Arbeit bauen viele Frauen auf.“
Und das Sprachgenie Annalena Baerbock bestätigte letztere Aussage:
„Mit ihr verlieren wir eine streitbare Kämpferin und Vorreiterin… Auch ich stehe heute auf ihren Schultern.“
Und auf X war außerdem von ihr zu lesen:
„Mit Haltung, Klarheit und Mut stand Madeleine Albright als erste US-Außenministerin ein für Freiheit und die Stärke von Demokratien. Mit ihr verlieren wir eine streitbare Kämpferin, wahre Transatlantikerin und Vorreiterin.“
1997 – Zbigniew Brzezinski, polnisch-US-amerikanischer Politikwissenschaftler und Politikberater (gestorben 2017)
schrieb in seinem Buch „Die einzige Weltmacht – Amerikas Strategie der Vorherrschaft“:
„Inwieweit die USA ihre globale Vormachtstellung geltend machen können, hängt aber davon ab, wie ein weltweit engagiertes Amerika mit den komplexen Machtverhältnissen auf dem eurasischen Kontinent fertig wird – und ob es dort das Aufkommen einer dominierenden, gegnerischen Macht verhindern kann. […] US-amerikanische Politik sollte letzten Endes von der Vision einer besseren Welt getragen sein: der Vision, im Einklang mit langfristigen Trends sowie den fundamentalen Interessen der Menschheit eine auf wirksame Zusammenarbeit beruhende Weltgemeinschaft zu gestalten. Aber bis es soweit ist, lautet das Gebot, keinen eurasischen Herausforderer aufkommen zu lassen, der den eurasischen Kontinent unter seine Herrschaft bringen und damit auch für Amerika eine Bedrohung darstellen könnte. Ziel dieses Buches ist es deshalb, im Hinblick auf Eurasien eine umfassende und in sich geschlossene Geostrategie zu entwerfen.“
24.03.1999 – Thomas Loren Friedman, US-amerikanischer Journalist, Korrespondent und Kommentator der New York Times mit dem Schwerpunkt Außenpolitik
schrieb am Tag (24.03.1999), an dem die NATO unter US-Führung ihren unprovozierten, völkerrechtswidrigen Angriffskrieg gegen Jugoslawien begann:
„Damit die Globalisierung funktioniert, darf Amerika sich nicht scheuen, als die allmächtige Supermacht zu handeln, die es ist. Die unsichtbare Hand des Marktes wird nie ohne den F-15-Konstrukteur McDonnell-Douglas funktionieren. Und die unsichtbare Faust, die dafür sorgt, dass die Welt für McDonalds Hamburger Niederlassungen und Silicon-Valley-Technologien sicher ist, heißt US-Army, US-Navy, Air Force und Marine Corps.“
04.02.2014 – Victoria Nuland, Obamas wichtigste Europaberaterin
beleidigte die Europäische Union im Zusammenhang mit der Lage in der Ukraine mit ihrem berühmt gewordenen Spruch:
„And, you know, fuck the EU“
Worauf ihr Gesprächspartner Geoffrey Pyatt erwiderte:
„yeah, exactly…“
Ihrer Karriere hat diese grobe Ehrlichkeit nicht geschadet, sie trat erst Anfang 2024 zurück. Zu dem Zeitpunkt war sie Unterstaatssekretärin und stellvertretende Außenministerin in der Biden-Regierung. Wer gleich wissen möchte mit welchen Worten das US-Außenministerium „Toria“ verabschiedete, möge zum Zitat vom 5. März 2024 springen.
28.05.2014 – US-Präsident Barack Obama
bemerkte bei der Zeremonie zur Aufnahme in die Militärakademie der Vereinigten Staaten in New York, z.B. dies:
„Und wenn ein Taifun die Philippinen heimsucht, Schulmädchen in Nigeria entführt werden oder maskierte Männer ein Gebäude in der Ukraine besetzen, dann ist es Amerika, auf das die Welt um Hilfe schaut. (Beifall.) Die Vereinigten Staaten sind und bleiben also die eine unverzichtbare Nation. Das gilt für das vergangene Jahrhundert, und es wird auch für das kommende Jahrhundert gelten.“
und auch das:
„Es wird die Aufgabe Ihrer Generation sein, auf diese neue Welt zu reagieren. Die Frage, vor der wir stehen, die Frage, vor der jeder von Ihnen steht, ist nicht, ob Amerika die Führung übernehmen wird, sondern wie wir die Führung übernehmen werden – nicht nur, um unseren Frieden und Wohlstand zu sichern, sondern auch, um Frieden und Wohlstand auf der ganzen Welt zu verbreiten.“
Wir vergessen nicht: Diese Worte stammen von dem Friedensnobelpreisträger 2009 und „Herrscher über die Todesliste“, der sieben Kriege geführt hat und fast jeden Dienstag bei seinen wöchentlichen Anti-Terror-Treffen die Todesliste für US-Drohnenangriffe freigab. Bekannterweise nahm er zivile Opfer in Kauf. U.a. berichtete die WELT am 2.06.2012 darüber.
02.10.2014 – US-Vizepräsident Joseph Biden
rühmte sich dessen in einer Rede an der Harvard Kennedy School in Cambridge/Massachusetts:
„Wir haben Putin vor die einfache Wahl gestellt: Respektieren Sie die Souveränität der Ukraine, oder Sie werden sich zunehmenden Konsequenzen gegenübersehen. Dadurch waren wir in der Lage, die größten entwickelten Staaten der Welt dazu zu bringen, Russland echte Kosten aufzuerlegen. Es ist wahr, dass sie [die EU] das nicht tun wollten. Aber wiederum war es die Führungsrolle Amerikas und die Tatsache, dass der Präsident der Vereinigten Staaten darauf bestanden hat, ja, Europa des Öfteren in Verlegenheit bringen musste, um es dazu zu zwingen, sich aufzuraffen und wirtschaftliche Nachteile einzustecken, um Kosten [für Russland] verursachen zu können. Und die Folgen waren eine massive Kapitalflucht aus Russland, ein regelrechtes Einfrieren von ausländischen Direktinvestitionen, der Rubel auf einem historischen Tiefststand gegenüber dem Dollar und die russische Wirtschaft an der Kippe zu einer Rezession.“
08.10.2014 – Lawrence Wilkerson, früherer Stabschef des US-Außenministers Colin Powell
gestand in einem Vortrag auf dem CIGI Campus in Waterloo, Ontario:
„Ich selbst arbeitete in einer Regierung, die sich sagte: ‚Zum Teufel mit dem Rest der Welt‘.“
04.02.2015 – George Friedman
war noch Direktor des einflussreichen Thinktanks Stratfor als er diese klaren Aussagen machte – zwei davon eindeutig gegen eine friedliche Partnerschaft zwischen Deutschland und Russland:
„Das Hauptinteresse der US-Außenpolitik während des letzten Jahrhunderts, im Ersten und Zweiten Weltkrieg und im Kalten Krieg, waren die Beziehungen zwischen Deutschland und Russland. Weil sie vereint die einzige Macht sind, die unsere Vormachtstellung bedrohen kann. Unser Hauptziel war, sicherzustellen, dass dieser Fall nicht eintritt.“
„Für die Vereinigten Staaten ist die Hauptsorge, dass … deutsches Kapital und deutsche Technologie sich mit russischen Rohstoff-Ressourcen und russischer Arbeitskraft zu einer einzigartigen Kombination verbinden, was die USA seit einem Jahrhundert zu verhindern suchen. Also wie kann man das erreichen, dass diese deutsch-russische Kombination verhindert wird? Die USA sind bereit, mit ihrer Karte diese Kombination zu schlagen: Das ist die Linie zwischen dem Baltikum und dem Schwarzen Meer. (…) Der Punkt bei der ganzen Sache ist, dass die USA einen ‚Cordon Sanitaire‘, einen Sicherheitsgürtel, um Russland herum aufbauen.“
„Die Vereinigten Staaten kontrollieren aus ihrem fundamentalen Interesse alle Ozeane der Welt. Keine andere Macht hat das jemals getan. Aus diesem Grund intervenieren wir weltweit bei den Völkern, aber sie können uns nicht angreifen.“
11.02.2016 – US-Präsident Barack Obama
hatte wohl einen ehrlichen Moment während eines Interview beim US-TV-Sender Vox und sagte:
„wir müssen das stärkste Militär der Welt haben, wir müssen gelegentlich den Arm von Ländern umdrehen, die nicht das tun, was wir von ihnen wollen. Wenn es nicht die verschiedenen wirtschaftlichen oder diplomatischen oder, in einigen Fällen, militärischen Druckmittel gäbe, die wir haben, wenn wir diese Dosis Realismus nicht hätten, würden wir auch nichts erledigt bekommen … die amerikanische Führung kommt teilweise aus unserer Anpackmentalität. Wir sind das größte, mächtigste Land der Erde … wir haben niemanden Ebenbürtiges im Sinne von Staaten, die die Vereinigten Staaten angreifen oder provozieren könnten.“
S. auch „Der US-Präsident hat wieder Klartext geredet“ in der Freitag.
20.10.2023 – US-Präsident Joseph Biden
wiederholte am Ende einer Rede die Worte des US-Präsidenten Barack Obama vom 28.05.2014. Diese Worte stammen wohl von Madeleine Albright (behauptete jedenfalls Jo Biden in dieser Rede):
„Und als ich mit Präsident Zelenskyy durch Kiew ging, während in der Ferne Luftschutzsirenen ertönten, spürte ich etwas, woran ich schon immer geglaubt habe, stärker als je zuvor: Amerika ist immer noch ein Leuchtturm für die Welt. Immer noch.
Wir sind, wie meine Freundin Madeleine Albright sagte, ‚die unverzichtbare Nation‘.“
In der gleichen Rede behauptete er vorher selbstbewusst bzw. arrogant:
„Die amerikanische Führung hält die Welt zusammen. Amerikanische Allianzen sorgen dafür, dass wir, Amerika, sicher sind. Die amerikanischen Werte machen uns zu einem Partner, mit dem andere Nationen zusammenarbeiten wollen.“
Hierzu passt wunderbar dieses Zitat von General a.D. Scowcroft:
„Wo auch immer US-Amerikaner mit anderen Ländern über Investitionsschutz, Marktzugang oder sonst was verhandeln, immer fällt der Schatten der amerikanischen Militärmacht auf den Verhandlungstisch.“
Mit solchem Schatten wollen andere Nationen selbstredend gerne mit der US-Macht zusammenarbeiten…
05.03.2024 – Mitteilung des US-Außenministerium zum Rücktritt von Victoria Nuland, öfters auch „Fuck-the-EU-Nuland“ genannt:
„Was Toria wirklich außergewöhnlich macht, ist die große Leidenschaft, mit der sie für das kämpft, woran sie am meisten glaubt: Freiheit, Demokratie, Menschenrechte und die Fähigkeit Amerikas, diese Werte auf der ganzen Welt zu inspirieren und zu fördern. Dies waren die Prinzipien, die Toria antrieben, als wir uns vor mehr als 30 Jahren zum ersten Mal trafen. Es sind dieselben Prinzipien, die sie in ihre Arbeit als Unterstaatssekretärin und als stellvertretende Außenministerin eingebracht hat – eine Rolle, die sie sieben Monate lang nahtlos ausfüllte.“ Quelle
06.07.2024 – US-Präsident Joseph Biden
„Ich absolviere jeden Tag einen kognitiven Test. Wissen Sie, ich mache nicht nur Wahlkampf, ich regiere die Welt. Das klingt wie eine Übertreibung, aber wir sind die wichtigste Nation der Welt.“
OK, verstanden aber nicht einverstanden
Verstanden hatte auch der Literatur-Nobelpreisträger Thomas Mann schon vor 71 Jahren. 1953 schrieb er einen Aufruf an die Europäer, in dem er vor der Neigung der USA warnte,
„Europa als ökonomische Kolonie, militärische Basis, Glacis im zukünftigen Atom-Kreuzzug gegen Russland zu behandeln, als ein zwar antiquarisch interessantes und bereisenswertes Stück Erde, um dessen vollständigen Ruin man sich aber den Teufel scheren wird, wenn es den Kampf um die Weltherrschaft gilt“.
Quellen:
NachDenkSeiten • „Zum Teufel mit dem Rest der Welt“ – Langzeitstrategie und unipolarer Anspruch der USA
apolut • Keine Ausfahrt auf NATO-Schnellstraße in den großen Krieg | Von Rainer Rupp
Deutschlandfunk • Die USA und der Aufstieg zur Weltmacht